Die schlafende Provinz - italienische Superbeamte in Aktion.

16.12.2012 13:45

Unter anderem besteht der Sinn dieses Blogs darin, eigene Fehler zu berichten, damit sie kein anderer wiederholt.. Dafür gabs auch schon viele Dankeschön von lieben Landsleuten, die wir bei Besichtigungen z.B. auf dies und das hingewiesen und vor Unheil bewahrt haben. Und das tut gut, wenn sich ein anderer freut und man dann zum lecker Essen eingeladen wird, statt mit dem Nudelholz gejagt zu werden :D

Unser größter Fehler war, beim Kauf des Grundstücks nicht darauf zu achten, woher mal unsere Stromleitung kommen wird. Wir sahen - ah, der Gegenüber hat schon Strom und sein Haus da stehen, alles OK.

Wäre es auch gewesen..wenn nicht.. und da ist es, das "wenn".

Den Gegenüber und uns trennt eine Straße, die überquert werden muss mit dem Kabel. Eigentlich auch kein Problem, wenn nicht diese eine Provinzstraße wäre. Eine komunale Straße, ein Weg, eine kleine unbedeutende asphaltierte Straße ohne Namen - alles kein Akt. Aber eine Provinzstraße zieht ein ganz anderes Prozedere nach sich als jede andere.

Wir beantragten also bei Enel den Stromanschluss für Baustrom. Man sagte uns, in ca. 14 Tagen hätten wir den, kein Problem.

Denke ich an diesen Tag und diese Aussage zurück, kommt mir das vor wie aus einem anderen Leben..das war vor gut 2 Jahren..

Und wirklich, eines Tages stand da ein kleines Auto, heraus krabbelten 2 kleine Italiener, einer machte den Kofferraum auf und brachte einen grauen Kasten. Unser Strom ist da!! Freu!!

Dann schauten sie sich um, wo denn der nächste Mast sei - und siehe da, der war auf der Straßenseite gegenüber. Nenene...da können wir nix machen. Sie fuhren wieder weg und ließen eine Nummer da, da könnten wir anrufen, um zu erfahren, wie es nun weitergeht.
Gesagt, getan.
Die Auskunft war, dass es handwerklich kein Problem sei, die Straße zu überqueren, doch braucht Enel dafür die Genehmigung der Provinzregierung, da die für die Straße verantwortlich sei.
Nun folgte eine Irrfahrt, Odysseus würde sich schämen für seinen kleinen Ausflug immer an der Küste entlang!

Ein Bekannter, der sich für wirklich angemessenes Entgeld um die Belange derer kümmerte, die nicht vor Ort sein können, nahm die Sache in die Hand, während wir noch in Deutschland waren und nur hin- und herfuhren. Dem guten Petro hier nochmals ein großes Danke für dies und anderes, er hat so viel für uns getan und seinen Lohn dafür in eine Deutschlandreise investiert, von der er halb erfroren übrigens zurückkam :D

Bei jedem Aufenthalt gab es für uns dann Rennerei aufgrund seiner neuen Ergebnisse, aber wir kamen einfach nicht weiter. Unser Vorgang, die "pratica" war einmal verschwunden und in der Provinz nicht mehr auffindbar. Also mussten wir Anfang 2011 nochmal beantragen und hatten ein Jahr verloren.

Zuständig war keiner, man kommt da nichtmal an den Wachen vorbei, die ihre Beamten beschützen, die Mikado spielen..
Wir kamen mittels Beziehungen trotzdem rein, aber keiner fand unseren Vorgang. Alle waren sehr höflich, beflissen, rannten wild hin und her, kochten Kaffee, luden ein zum Mittagessen ein paar Straßen weiter. War lecker - aber brachte uns nicht wirklich weiter.

Die neue "pratica" wurde nun aber von einem unserer neuen Kontakte in der Provinz persönlich überwacht und kam an (wurde ja von Enel als Antrag gestellt, die Straße überqueren zu dürfen). Sie kam an und wurde auch begutachtet, einer Straßenkommission vorgelegt, befürwortet. Kein Problem. Dann kam der Sommer, ab Juni verlangsamt sich die ohnehin schon in Zeitlupe arbeitende Beamtenmühle, um am 1. Juli vollkommen zum Stillstand zu kommen.

Mitte September erwachte die Provinz wieder zu neuem Leben und wir erhielten die Auskunft, dass nun die "pratica" bald(!!!) zu Enel überstellt wird. Enel befindet sich in derselben Stadt, in Lecce. Man könnte auch einen zu Fuß rüberschicken, naja.. Bewegung ist der Feind!

Im Oktober hörten wir mal bei Enel nach, ne, da war noch nix. Also der Provinz auf die Eier gehen, jaja - wird jetzt rausgeschickt.

Und siehe da, nach einer weiteren Woche war die "pratica" wirklich bei Enel gelandet. Enel musste nun einen Scheck ausstellen, um für die Genehmigung zu bezahlen und das dann in die Provinz zurückschicken. Und in der Provinz musste der Scheck entgegengenommen und auf die Genehmigung ein Stempel gedrückt werden, das Ganze dann wieder zu Enel - und dann kann das Mastensetzen losgehen. Es sind derer nur 3 Stück, in 4 Arbeitstagen laut Enel zu erledigen, die Interesse an neuen Kunden auf unserer Straßenseite haben. Denn nach uns kommen andere, die bald bauen werden..

Wir haben im November mal wieder bei Enel nachgehört, ja, am 5 November haben sie den Scheck an die Provinz geschickt.

Wir haben Anfang Dezember in der Provinz nachgehört, ne - wir haben noch keinen Scheck erhalten. Aber wenn er da ist, stempeln wir sofort ab und dann kann es losgehen, keine Sorge, vor Weihnachten habt Ihr Strom!

Heute ist der 16. Dezember. Die Sonne scheint. Die Solarbatterien sind voll. Der Generator läuft, da der Chef meines Herzens mal wieder betoniert. Derweil rumpelt die Waschmaschine - man nutzt das ja aus.
Im Fernsehen läuft "Goodbye Deutschland" - ein Hesse, der alles richtig gemacht hat, eine Familie, die alles falsch gemacht hat.

Abgesehen von der Provinz im Dornröschenschlaf ist ja alles gut. Und mal ehrlich - wir haben ja genug Strom, weil wir uns selbst gut organisiert haben und die Sonne zuverlässig fast jeden Tag scheint. Aber solch einen Fehler mit der Provinzstraße sollte man sich ersparen. Nur, welcher Verkäufer sagt einem das??? KEINER. Und genau darum sagen wir es Euch :)

 

Aktualisierung: Wir haben seit April Strom - guck mal -->>>