Erfahrung mit dem Gesundheitssystem aus erster Hand

13.03.2014 23:45

Erfahrung mit dem Gesundheitssystem aus erster Hand

Wer sich dafür interessiert, hier zu leben, für den wird unsere Erfahrung sicher interessant sein.

Ihr wisst ja schon aus früheren Artikeln, dass ich gern unsere Wege im Gesundheitssystem mit Euch teile.

Der Chef meines Herzens hat ein kleines Problem, welches eine OP erfordert. Nichts Großes - betone ich nochmals, da so viele nette Mails dazu gekommen sind :) - aber was Lästiges. Muss gemacht werden.

Zuerst sind wir den normalen Weg gegangen.

Hausarzt - Überweisung in eine Chirurgie unserer Wahl zur Untersuchung.

Wir hätten den kostenlosen Service einer Apotheke in Anspruch nehmen und von dieser einen Termin in einem Krankenhaus festlegen lassen können.
Vorteil - der nächste Termin ist unser.
Nachteil - kann auch 30km weit entfernt sein.

Da wir aber die OP dort machen lassen wollen, wo wir auch die Untersuchung machen lassen, wollten wir nach Gallipoli ins große Krankenhaus gehen.

Also ab in die zentrale Aufnahme, Nummer gezogen, 5 Minuten gewartet und dann am Schalter die Überweisung vorgelegt.
Nächste Woche mittags um 11.40 Uhr an einem Wochentag.

Wir waren dort. Wir waren schon um 11.15 Uhr da, man weiß ja nie..

Uns erwartete ein Gang mit vielen Stühlen, sah aus wie in Deutschland bei den ambulanten Untersuchungen.
Bis hierher nichts Ungewöhnliches.

Es saßen in diesem Gang ca. 20 Patienten, wobei nicht klar war, wer Patient und wer Familie war. Denn Italiener gehen gern auch mit 2-5 Familienmitgliedern zum Dottore.

Aber nach wenigen Minuten war die Situation klar:

Der normalerweise untersuchende Arzt hatte bis eben operiert und nun gerade angefangen mit den Untersuchungen.
Vor uns waren die Termine von 6.30 Uhr bis 11.30 Uhr noch zu untersuchen.

Es sah also so aus, als dass wir nicht mehr oder erst nach vielen Stunden des Wartens drangekommen wären.

Da noch einiges Wichtige auf unserer Agenda stand und wir uns die Gemütlichkeit mehrerer unproduktiver Stunden gerade echt nicht erlauben konnten, haben wir den zweiten Weg gewählt.

Ab in den Nachbargang, da saß keiner.
Und die Sekretärin des Chefarztes der Chirurgie angerufen und nach einem Termin für eine Privatuntersuchung gefragt.
Wir wurden ein paar Stockwerke höher gebeten und dort erhielten wir einen Termin für heute um 17.00 Uhr.

Um 17.45 Uhr waren wir nach einer gründlichen Untersuchung und einem sehr netten Gespräch mit dem Professor wieder draußen, im Gepäck unseren Wunschtermin für die OP durch den Professor persönlich.
uns wurde die Wahl gelassen - ambulant oder 1 - 2 Nächte stationär.
Das bezahlt die Krankenkasse, auf die jeder mit Wohnsitz ein Anrecht hat. Egal, wie man sich entscheidet.

Das Anrecht auf den Professor selber hat man sich mit dem Vorstelligwerden als Privatpatient bei ihm verdient.

Die Untersuchung kostete 130 Euro. Davon erhält der Professor einen Teil, der andere Teil geht an das Krankenhaus, dessen Gerätschaften und Räume er nutzt für seine Privatsprechstunde.

Unser Fazit:
Das staatliche System ist oft ein Umweg.
Lieber mal nachfragen, wann der Chef vom Dienst Privatsprechstunde hat, einen Obolus bezahlen und direkt durchstarten.

Als Bonus gibts sämtliche Voruntersuchungen eine Woche vorher alle an einem Tag, von der Sekretärin für meinen Guten persönlich terminiert.

Eine Krankenkassenkarte wollte übrigens keiner sehen, es gibt keine Zwangsmitgliedschaft wie in Deutschland, so dass man überall als Privatpatient mit einem kleinen Obolus gern gesehen ist und sich Wartezeit und Renner

ei erspart.