Giuseppe der Fischer

08.05.2014 17:40

Guiseppe kommt am späten Vormittag vom Meer rein, um seinen Fang abzuladen.

Carlo, der Schwiegersohn,  wartet schon mit seinem kleinen Fiat, der hinten einen Kühlaufbau hat, um die Fische in Empfang zu nehmen und nach Gallipoli auf den gewerblichen Fischmarkt zu bringen. Ab 17 Uhr kommen die Restaurantbesitzer, um dort für das Abendessen einzukaufen.

 

Wir warten also auf Giuseppe, ein Eis in der Hand und schauen aufs Meer..
So friedlich ist einem ums Herz, man wagt kaum, ein Wort zu sprechen, es wäre fehl am Platz, jetzt eine Banalität von sich zu geben. Spiegelglatt und tiefblau liegt die See vor uns, nach und nach trudeln die winzigen Fischerboote ein und da kommt hinter uns auch schon Carlo angefahren.

 

Wesentlich weniger ergriffen als wir, ist es doch sein täglicher Arbeitsrhythmus, zündet er sich einen Zigarillo an und beginnt sofort loszuschwatzen.

Ihm hat es der Beppe Grillo angetan, der zur Zeit von Piazza zu Piazza zieht, denn es ist Wahlkampf in Italien. Die Europawahl wird ernst genommen, bietet sie doch eine wunderbare Gelegenheit, die Kräfte zu messen.

Mein Guter steigt wie auf Knopfdruck ein und schon ist es vorbei mit der himmlischen Ruhe und Ehrfurcht, nun kommen auch noch andere Fahrer dazu, die auf die Fischer warten.

Und so haben wir das schönste Geschnatter, wilde Gestik, so manches derbe Wort, was aber sofort ein „O – mi scuso Signora!“ und rote Ohren nach sich zieht. Denn egal wie rauh es zugeht, wenn eine Frau anwesend ist, sagt Mann bestimmte Worte einfach nicht.

Also galant sind sie schon, die Südländer^^

 

Giuseppes Kahn ist in Sicht, er tuckert an Land und flucht schon von weitem kräftig, irgendwas mit dem Netz, ich versteh den Dialekt auch nur teilweise.

Aber als er mich sieht, wird er ruhig und grüßt winkend „Ciao Belissima Carissima!!“

Auch Giuseppe, das alte Rauhbein – äußerst galant wie immer. Zum Glück ist Marianna nicht hier, denn zu seiner Holden ist Giuseppe nicht immer so anständig in seiner Wortwahl. Das bringen an die 40 Ehejahre mit sich, da habe ich vollstes Verständnis, denn auch der Chef meines Herzens redet zuhause mit mir keineswegs immer jugendfreies Italienisch^^

 

Wie sich herausstellt, muss nach dem Essen viel an dem Netz geflickt werden, was Schwiegervater und Sohn mit anderen Fischern zusammen in trauter Eintracht in der Regel im winzigen Hafen oder vor der Haustür erledigen.
Da wird geschwatzt, geflucht – denn Frauen sind dabei nicht zugelassen – und viel gelacht.

 

Wir suchen uns einen Fisch aus, wollen bezahlen. „No, Signori – vi prego!“ Also kein Geld. Als wir aber vom Auto ein Päckchen deutsche Zigarillos holen, bedankt er sich überschwänglich und zeigt seine 2 verbliebenen Zähne.

 

Die Fischer sind oft wirklich arm, leben sehr bescheiden – und sind uns Schaffe-Schaffe-Deutschen doch in vieler Hinsicht haushoch überlegen. Ihre Gelassenheit, ihre Lebensfreude, ihr tiefer Glauben und der familiäre Zusammenhalt sind beeindruckend.

Na, ein Stückchen davon habe ich mir in den letzten Jahren abgeschaut und verinnerlicht. Was sich am gleichbleibend niedrigen Blutdruck, gesundem Appetit und tiefem Schlaf zeigt.

Der Fisch wurde mit Respekt ausgenommen und zubereitet über Olivenholz am offenen Feuer, dazu gab es Mangold aus dem Garten und einen Tomatensalat aus den ersten Frühtomaten der Saison. Bei 24 Grad im Schatten auf der Terrasse mit Blick auf ca. 60 Tomatenpflänzchen, die mir ständig zurufen: „Pflanz mich! Sonst gibt’s keine Sauce!“..