Reklamation mal ganz italienisch

20.10.2012 13:00

So schön das Camperleben ist, einmal einen Hausbau angefangen, kommt man nicht drumherum, auch weiterzumachen.

Also geht’s nun nach den Elektrikern an Türen und Fenster. Die Fenster haben wir aus Deutschland mitgebracht und mein Guter hat sie eingesetzt – mit mir als Handlanger. Dabei habe ich mal wieder eine existenzielle Krise durchgemacht, denn ich erfuhr von ihm, dass ich niemals ein guter Fenstermonteur werden würde. Wie schlimm, und dabei hatte ich so gehofft, dass…
Nun, ich kenne das ja schon. Habe ich doch im Laufe des letzten Jahres erfahren, dass ich niemals ein guter Maurer sein würde, auch kein Fliesenleger, auch einen ordentlichen Putz würde ich nie hinbekommen!

 

Das erinnert mich an die Geschichte mit den 2 Bauarbeitern, die sich mal bei meinem besseren Hälft vorgestellt haben vor Jahren.
Er fragt den ersten: „Was kannst Du?“  und der antwortet: „Alles!“
Und er fragt den zweiten: „Und Du, was kannst Du?“  und der antwortet: „Nichts, wenn der doch alles kann bleibt ja für mich nichts.“

Also habe ich nun die Gewissheit: Er kann alles – na und ich kann nichts, aber das macht nix, denn ich habe ja ganz andere Aufgaben und das ist auch gut so. Und eine davon habe ich erfüllt und sie wurde schlussendlich durch Kooperation(!) zu einer Lösung eines großen Problems..

Nun geht’s los.

Wir haben in einem großen Baumarkt in Lecce 2 Hauseingangstüren erstanden, das war im März. Auf die mussten wir warten, denn es gab sie nur so, dass sie nach rechts aufgingen, wir aber wollten Türen, die nach links aufgehen. Nicht auf Lager, also bestellt, gewartet. Wir hatten es ja nicht eilig. Als sie dann da waren, rief man uns an und wir holten sie ab. Ordentlich eingepackt, sauschwer – Sicherheitstüren in stabilster Ausführung, komplett aus Metall und in der unschönen Farbe Hundehaufen.
Wir fuhren sie zu dem örtlichen Fensterbauer, der sie uns weiß lackierte und aufbewahrte, bis wir eines Tages soweit sein würden, sie einzubauen.

Der Tag X kam letzte Woche, nachdem die Elektroinstallation fertig war – und wir stellten zu unserem Entsetzen fest: Wir brauchen Türen, die rechts herum aufgehen – und haben sie in umgekehrter Version gekauft. Und umlackiert. Und eingebaut.
Zur Erklärung für die, welche sich darunter – wie ich – nichts vorstellen können:
Zuerst zementiert man einen Metallrahmen (Zarge) in den Türausschnitt ein, dann wird die Tür daran montiert.

Wir schauten auf die Rechnung – ja, unser Fehler. Fazit: Kann man nichts machen. Die Überlegungen gingen nun dahin, die Elektroinstallation nochmal zu verändern, da wir so nicht an die Lichtschalter kamen beim Eintreten und beim Herausgehen, die wurden nun durch die Tür verdeckt. Nein – zu teuer, zu umständlich.
Damit leben? Jahrelang sich jeden Tag ärgern – die Tür vom Nebeneingang steht mitten in der Küche wenn sie auf ist, eine Küche zu stellen in L-Form wäre unmöglich. Nein, so kann es nicht bleiben.

 


Saurer-Apfel-Version? Die Türen nochmal kaufen und richtig bluten? Ja, darauf lief es hinaus. Wir waren sehr niedergeschlagen, denn ein Umtausch ist mit lackierter und einzementierter Ware ja kaum möglich.

Und da geschah es.

Das Handy klingelt und ich empfing den ersten Werbeanruf in Italien. Nun muss ich dazusagen, dass ich früher in Deutschland reserviert reagierte auf Werbeanrufe jeglicher Art. Aber hier sehe ich jeden Anruf als Möglichkeit, mein Italienisch immer mehr zu verfeinern. Denn ein Telefonat besteht zu 50% aus Floskeln, Komplimenten, blumigen Worten und heißer Luft. Wer das nicht einhält, dem öffnen sich so manche Türen einfach nicht oder viel langsamer..
Die Dame stellte sich vor – und rief doch genau von dem Baumarkt an, in dem wir die Türen erstanden hatten.
Als ich verstand, dass hier keine Callcenter, sondern Angestellte des Geschäfts die Werbeanrufe tätigen, wurde meine Sprache blumiger, meine Floskeln floskeliger und ich produzierte unglaublich viel heiße Luft – und die Dame war glücklich und vergalts mir mit Gleichem.

Der Markt hätte am Samstag 20% auf Alles (Praktiker abgeguckt?) und wir als registrierte Kunden würden darum persönlich davon in Kenntnis gesetzt.
Aha! Ich dankte mit Blumen und bat sie um einen Moment, um sich ein Problem anzuhören. „Aber gern, auch zwei!“
Nene, nur eins, dafür aber ein großes. Ich schilderte unseren Türenfehlkauf und sie lud uns ein, in Lecce vorbeizukommen und vor Ort mit dem Chef des Marktes zu reden, man würde eine Lösung finden, die uns zumindest das Problem erleichtern würde.

Gesagt, getan.

Am nächsten Tag in Lecce, bewaffnet mit der Rechnung und Fotoapparat, auf dem ich das Malheur festgehalten hatte, meldeten wir uns an der Info und der Chef kam sogleich.
Nach dem Austausch von heißer Luft, freundlichen Floskeln und blumigen Worten kamen wir zur Sache. (Wer denkt, dass das Brimbamborium blöd ist, dem sei gesagt, dass danach die Gespräche zumindest immer freundlich verlaufen – Resultat allerdings offen.)
 

Wir fanden eine Lösung – und die sieht so aus:
 

Der Baumarkt bestellt sofort 2 Türen mit entgegengesetztem Anschlag.
Wenn die da sind (4 Wochen ca.), ruft man uns an.
Wir bringen die weißlackierten Türen in den Baumarkt.
Sie werden als Mustertüren mit einem Rabatt ausgestellt und billiger verkauft.
Die Zargen aus Metall bleiben in den Mauern drin.
Von den beiden neuen Türen behält der Baumarkt die Zargen und gibt sie zu unseren Türen dazu.
Wir zahlen für jede neue Tür 50 Euro, also den Rabatt, den sie den Kunden gewähren, da sie umlackiert sind und bereits eingebaut waren.

Ich war total baff, dass sowas geht und stellt mir vor, im Globus Baumarkt: Guten Tag, die eingebauten Türen haben wir umlackiert und wollen sie umtauschen, aber eine Zarge haben wir dafür nicht mehr.

Wir bestellten, unterschrieben, erhielten eine Kopie – und verabschiedeten uns vom Chef mit ?? Genau, viel heißer Luft, Floskeln und blumigen Worten J

 

PS: Wer das mit der heißen Luft nicht kann, der kann sich genauso gut behelfen mit mehrfach Grazie, Mille Grazie – je mehr Wiederholungen desto besser. Und wenn einem was zusagt, dann kann man statt „bello“ gern „bellissimo!!!“ rufen. Der Eindruck zählt, nicht die Grammatik oder der reiche Wortschatz ;)