Sprachprobleme? Kein Problem :D

02.08.2013 10:24

Ich hab gut reden, ja, ja… Nach so vielen Jahren schwatz ich drauf los und versteh alles. Klar.
Ne, so ist es nicht, aber natürlich ist es für mich einfacher, mich hier zurechtzufinden als für jemanden, der kein Wort Italienisch spricht.
Und doch hatte und habe ich so meine Problemchen.

Denn – man spricht hier Dialekt. Nicht alle, aber gerade die Bauern und Markthändler.

Zum Glück ist es total albern, wenn ein Ausländer anfängt, Dialekt zu reden. Das erwartet keiner und es würde sicherlich Lachsalven hervorrufen.
Jeder  versteht jedoch Hochitalienisch, sonst könnte ja keiner Fernsehen schauen.  Was man also in der Volkshochschule oder privat lernt, kann man vor Ort sehr gut anwenden. Die Einheimischen sind für jedes Wort in ihrer Sprache dankbar und hoch erfreut und machen es einem daraufhin einfach. Einbahnstraßen im Gespräch werden mit Händen und Füßen befahren, viele sprechen ein wenig Deutsch aus den Zeiten als Gastarbeiter in Deutschland oder Schweiz. Und die Jugend lernt Englisch in der Schule.

Doch wie versteht man Dialekt?
Garnicht. Anfangs jedenfalls. ich dachte, nun müsse ich eine neue Sprache lernen.

Ein Beispiel?

Oben – sopra – susu

Kleine – piccolina – piccica (gesprochen pitschika)

Hast Du das gesehen?  - Lo hai visto? – Lu aschu visu?

Na und so weiter..

So richtig sympatisch werden mir die Einheimischen jedes Mal, wenn ich dann große Augen mache und sie kapieren, dass ich sie nicht verstehe. Dann konzentrieren sie sich und sprechen Italienisch mit mir. Allzulange hält das kaum einer aus und so gibt es oft Gegrinse und man kommt sich scherzend näher, denn ein Lächeln ist mehr wert als 100 richtig ausgesprochene Worte.

Und gestern hatte ich dann das lustigste Erlebnis meiner Zeit hier im Süden.
Der Schlosser kommt und geht seit einem Jahr, um sein Tor, welches uns schützt, zu verbessern. Es geht auf und zu, klar. Aber dabei ächzt es, als wäre es aus dem letzten jahrhundert. Wobei das noch nicht allzu lange her ist, ok. Aber es ist ja ganz neu und sollte wie eine meiner Katzen schnurren.
So kommt er also immer mal vorbei und schweißt und biegt. Bis gestern ohne Erfolg, aber dann hatte mein Guter die zündende Idee und nun rollt es auf 2 statt auf einer Rolle und alles ist in Butter.

Durch das Erfolgserlebnis und ein kühles Getränk mit etwas Alkohol aufgemuntert, suchte der Schlosser, sonst ein schüchterner Mensch, das Gespräch mit mir. Über Hühner, Truthähne und Kapaune.
Er wollte mir erklären, dass er jedes Jahr für Weihnachten 2 Kapaune großzieht.
Wißt Ihr, was das ist?
Hähne ohne Klöten. Männliche, kastrierte Hühner. Die werden richtig groß und fleischig.
Aber wie er es erklärte!
Man kann ja einer Frau gegenüber nicht ordinär sprechen. Außerdem bin ich Ausländerin und man muss das einfach ausdrücken.

Dazu gehört wohl seiner Meinung nach, die Verben nicht zu beugen. Der Infinitiv ist einfach, so dachte er.
In angestrengtem Hochitalienisch und mit ungebeuten Verben legte er los.

Io avere galli. Tagliare tutto. Non tagliare tutto. Ma quasi tutto. Capire?

Ich haben Hähne. Schneiden alles. Nicht alles schneiden. Verstehen?

Ne, Bahnhof…

Io avere galli. Galli non galli. Non veri galli. Mancare pezzi.

Ich haben Hähne. Hähne nicht Hähne. Stücke fehlen.

Arme Hähne, ich verstehe kein Wort..

Ich wunderte mich, dass er nicht bemerkte, dass ich ihm in ganzen Sätzen und mit gebeugtem Verb antwortete. Nun konnte ich schlecht sagen: Rede normal mit mir, ich bin doch kein Depp!
Er gab sich solche Mühe!

Dann kam ihm eine Idee. Er formte aus Zeige- und Mittelfinger eine Schere und hielt sie vor seinen Hosenschlitz und sagte: „Galli zaza!!“

Ah!!!!  „Gli hai tagliato le palle!“ sagte ich. Du hast ihm die Bälle abgeschnitten!

Er wechselte ein wenig die Farbe, lachte dann aber laut los und klopfte mir auf die Schulter.
„Si! Le palle!“

 

Und dann stellten wir fest, dass die armen Hähne nun Caponi heißen, was von unserem Kapaun ja nicht weit entfernt ist. Dieses Wort am Anfang hätte mir schon geholfen. Er meinte wahrscheinlich, ich würde es eh nicht verstehen.


Dann bekam ich noch eine Lektion in Putenaufzucht.. „Mangiare tutto gridare sempre!“
Alles essen immer schreien!
Und ein Geständnis, dass es ihm leid täte, aus den Legehennen nach 2 Jahren Suppenhühner zu machen, aber wohin sollte man denn mit all den nicht mehr legenden Hennen?

Ich gestand, dass ich das nie fertigbringen würde und meine ersten 3 Hennen, welche nicht legten, einem Bauern mit riesigem Grund gegeben hätte, wo alte Hennen einfach herumlaufen dürfen, frei und immer auf der Suche nach einem Wurm.
Das wäre nun meine Adresse für nicht mehr produktive Hühner, denn im Suppentopf – niemals.
Klar, würde ein Krieg ausbrechen und es an Essen mangeln, müsste man wohl.

Wir waren uns einig, dass Federvieh was ganz Tolles sei, die Eier nach Ei schmecken würden und Hühner nicht so dumm seinen wie man ihnen nachsagt. Das gesamte Gespräch hindurch hielt er fest an Hochitalienisch ohne jegliche Grammatik, anstrengend für mich und sicherlich auch für ihn.
 

Die Verabschiedung fiel diesmal nicht schüchtern sondern herzlich aus mit einem starken Händedruck und ungebeugtem Verb:
 

 Io andare casa – Ich gehen Haus!
 

Na dann bis zum nächsten Mal – ich freuen sehr wenn sehen wieder!