Die Zeiten ändern sich..

05.04.2013 13:13

Wir haben von verschiedenen Stellen gehört, dass es nicht mehr so einfach ist, einen Trullo in gutem Zustand abzutragen, um ihn dann wieder neu aufzubauen mit einem eckigen Haus darin und erheblicher Vergrößerung. Ich möchte meine Leser darauf ehrlicherweise hinweisen, dass es bei geplanter Vergrößerung auch mal einen strengen Kommunalbeamten auf der Baubehörde geben kann, der bei einer Vergrößerung nicht ohne Weiteres zustimmt!
Generell ist die Sanierung eines Trullo erwünscht, auch eine Aushöhlung und damit minimale, innere Vergrößerung stelle kein Problem dar, doch wird es inzwischen lieber gesehen und genehmigt, wenn der Trullo auch nach der Sanierung wieder rund ist.
Bisher ging alles, was man sich so vorstellte, ohne Probleme, nun ändern sich die Zeiten langsam.

Es wird wie so oft auch hier irgendwann in der Gegend heißen: Wer zuerst kommt mahlt zuerst - und den Letzten beißen die Hunde..
Wer schon einen sanierten Trullo besitzt oder schon seine Pläne auf den Weg gebracht hat, sieht diese Situation mit Freuden, denn so gewinnt sein Trullo an Wert.
Noch kann man Glück haben, aber der Wind dreht sich - und das möchte ich meinen Lesern als Info nicht vorenthalten.

 

Generell sehen wir, dass die Behörden dazu neigen, in mittelfristiger Zukunft das Trullobauen mehr zu regeln. Es ist hier so viel erlaubt wie in keinem anderen, zivilisierten und gut erreichbaren EU-land des Südens. Bauen auf Ackerland? Kein Problem. Eigener Tiefbrunnen für eigenes Quellwasser? Kein Problem. Was z.B. in Spanien und GR schon anders aussieht, in Deutschland sowieso.

Sicherlich kann man davon ausgehen, dass die Regeln für das Trullobauen sich verändern werden und damit die Preise für schon Gebautes in bestimmten Regionen steigen werden. Ein geringeres Angebot treibt den Preis - das gilt für jedes begehrte Produkt.

Hier unten um Gallipoli herum kommt noch dazu, dass jegliche Form von Massentourismus verpönt ist, es dürfen keine Hochhäuser gebaut werden, man wird keines entdecken vom Strand aus bis ca. 15km ins Land hinein. Somit fehlen jede Saison mehr Betten, denn das unberührte Naturparadies mit sauberem Wasser, unbelasteter Luft und ohne jegliche Industrie weit und breit zieht immer mehr Touristen und Bauherren an, welche nur klein bauen dürfen und höchstens mal ein Zimmer oder eine kleine Ferienwohnung vermieten.


Es gibt außerdem eine Zone an der Küste, die überhaupt nicht bebaut werden darf - demanio genannt. Ein breiter Strefen Land vom Meer aus gesehen ist Naturschutzgebiet.
Was man hier so sieht an Siedlungen direkt am Meer, wurde früher schwarz gebaut und dann bei einer Aktion des Staates, der Geld brauchte, gegen Strafzahlung nachträglich authorisiert.
Das ist vorbei.

Wenn sich nun die Saison nähert und manch einer gern ein paar Wochen im Sommer hier verbringen möchte, wird er auf das Phänomen stoßen, dass er horrende Preise bezahlt für ein eher bescheidenes Mietquartier. Wer in seinem eigenen Haus z.B. ein Zimmer mit kleinem Bad und Kochnische abgeteilt hat und dieses vermietet, üblicherweise noch mit einigen Metern Terrasse davor und einem Grill dazu, Tisch und Stühlen, kann von Juni bis September durchschnittlich 500 Euro die Woche einnehmen - und tut dies auch.
Besonders der Speckgürtel -  bis 10km vom Meer entfernt - ist kaum noch bezahlbar und bietet jedoch den Einheimischen einen guten Verdienst, von dem dann das Jahr über gelebt wird.

 

Wer sich einen Trullo als Ferienquartier vorstellt, muss sein Sparbuch plündern. Mit den anstehenden Verschärfungen der oben erläuterten Regeln werden die Mietpreise für ausgebaute Trulli noch weiter steigen, da nicht mehr viele Trulli dazukommen werden in größeren Dimensionen.

Wer also in der Saison hier urlauben möchte, sollte sich früh genug um ein Quartier bemühen. Denn je mehr ausgebucht ist, desto höher steigen die Preise für die restlichen Quartiere. Nun, da ist auch in Deutschland so ;)


 

9. April 2013 - Leserbrief zum Thema - Zeiten ändern sich –

Sehr geehrte Mamaleone,

wenn Sie es für wichtig genug befinden, würde ich mich über die Veröffentlichung meiner Email als Leserbrief freuen, davon ausgehend, dass dies interessante Informationen auf für Ihre Leserschaft sein könnten.

Mit vorzüglichen Grüßen von Paul aus Bayern und Collemeto (bei Galatina)

 

Wir sind seit über 20 Jahren halbe Bayern und halbe Pugliesen. Unsere Landstücke haben wir damals durch den Wechselkurs für sehr kleines Geld erworben. Als wir die Entwicklung der Grundstückspreise sahen, haben wir sogar ein wenig spekuliert und uns somit vor Kurzem unser Haus gebaut, einige Nummern größer als wir es uns aus eigener finanzieller Kraft hätten leisten können.
Denn auch in Bayern will noch ein Haus unterhalten sein. Damals wie heute.

Wir sind wirtschaftlich und politisch interessiert und beobachten beide Länder seit Jahren mit großem Interesse.

Trulli interessierten bis vor einigen Jahren in unserer Gegend keinen. Dann begann man, sie zu Wohnhäusern bzw. Ferienunterkünften auszubauen. Wer in Italien mehrere Liegenschaften wie Häuser und Wohnungen besitzt zahlt Steuern. Wer nur eines besitzt zahlt keine.
Da ein Trullo ein „fabricato rurale“ darstellt, sind darauf keine Steuern fällig.

So kam es in unserem italienischen Bekanntenkreis, dass jemand ein Haus und 7 ausgebaute Trulli besitzt, sie teuer vermietet und keine Grundsteuern zahlt.

Außerdem wurden die Trulli rings um uns herum in der Größe verdoppelt, verdreifacht, vervierfacht. Es steht einer zum Verkauf für eine knappe Million in unserer Nachbarschaft. Aus 3 kleinen Trulli wurde einer von über 200m² Wohnfläche gebaut. Der Eigentümer rühmt sich, keine IMU zu zahlen.

Der Staat wird nun versuchen, auch auf zu Wohnraum umgebauten Trulli Grundsteuer zu erheben. Wer nur einen besitzt, wird sicher wie bisher verschont werden. Aber es ist abzusehen, dass genau geschaut wird, ob man einen Originaltrullo wieder so aufbaut wie er einmal war. Oder ob man ein Wohnhaus daraus baut.

Damit bin ich beim Thema – Italien im Laufe der Zeiten -.

Jedesmal, wenn Italien in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte, und das ist eigentlich Dauerzustand , gab es irgendwann eine starke Lockerung der Gesetze und deren Handhabung rund um das Baugewerbe.
Es ist auch heute nur eine Frage der Zeit, wann der momentane strenge Wind wieder milder wird. Erschrecken werden sich hauptsächlich die Ausländer, welche die Mentalität nicht kennen, so wie wir sie seit Jahrzehnten beobachten und studieren. Was morgen verboten wird, wird übermorgen einfach übersehen, Hauptsache der Rubel rollt.

Zur Zeit ist einiges mit Europa in Verbindung zu bringen. Apulien hat viele geschützte Gebiete, kassiert Fördergelder für den Erhalt antiker Strukturen, Bauwerke etc.
Wenn die Fördergelder nicht mehr fließen, wird die Jacke wieder näher als die Hose sein.

Wer sich in Italien niederlassen will, sollte das Aussitzen lernen. Sich nicht erschrecken lassen. Vorauseilender Gehorsam – eine deutsche Untugend. Dem Süditaliener völlig unbekannt.

Also Frau Mamaleone, Sie haben Recht mit der derzeitigen Entwicklung, dass ein wenig mehr nachgeschaut wird, was ein Bauherr mit seinem Trullo veranstaltet.
Aber hier unten wurde noch nie so heiß gegessen wie gekocht wird. Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, dass 2015 die Fördergelder für bestimmte Dinge auslaufen. Wer dann ein schönes Landstück mit einem Trullo besitzt, wird sich glücklich schätzen.

Wir haben 2 Landstücke erworben. Eine mit einem und eines mit 2 Trulli. Wir werden erst den Ausbau und danach die Ferienvermietung beginnen, wenn in 1,5 Jahren die Behörden kein Interesse mehr haben an der Einhaltung irgendwelcher von der EU aufgedrückten Auflagen.
Wenn es nur noch wichtig ist, dass gebaut und gekauft wird. Material, Möbel, Handwerkerleistungen.

Der Italiener ist ein Rebell. Die EU geht ihm auf die Nerven mit all den Vorschriften. Aber Apulien nimmt gern die Fördergelder mit. Und dafür muss eben zu Zeiten der Förderung ein bißchen mehr kontrolliert werden, wenn es um antike Bauwerke geht.

Also keine Panik – alles italienisch sehen. In 2015 wird man aus Trullo wieder Haus machen und dann vielleicht darauf eine kleine Grundsteuer zahlen. Es freut sich die Kommune und das Geld fließt wieder wie gehabt.

Wie Sie sagen: „Die Zeiten ändern sich (auch wieder)!

Paul

 

Herzlichen Dank Paul für Ihre Ausführungen, sicherlich hochinteressant für meine Leser (und mich), gerade von Ihnen als ausgewiesenen Apulienkenner. Über 20 Jahre Erfahrung hier vor Ort sind goldwert, Danke, dass Sie Ihr Wissen mit uns allen teilen.

Viele Grüße von mamaleone

 

Bitte stellen Sie meine Antwort an Paul ein. Er schreibt zum Thema Trulloausbau. Danke und Gruss von Roland B. aus dem Saarland

 

Hallo nach Bayern!

 

Sie haben Recht Paul!

Wir bauen gerade aus 2 Trullo, die sich gegenüberstehen, ein Haus mit einem überdachten Wintergarten als Durchgang.

War kein Problem! Nur auf die Genehmigung vom Bauamt wartet man ne Weile. Ist normal für Italien. Dauert seine Zeit.
Derweil wohnen wir im 10m Wohnwagen nebendran. Cool - unter Olivenbäumen frühstücken.

Gruss Roland B.